Künstlerin · Malerei

FIGUR IM RAUM – Einführung durch Michael Rintelen

  • Romy Musholt

FIGUR IM RAUM – Zeichnungen in Mischtechnik auf Papier

 

Romy Musholts Sujet ist die Figur im Raum. Der Auftritt ihrer Protagonisten mündet in der Pose abwartenden Stillhaltens. Die Akteure wirken wie herbeizitiert, aus dem Lebensalltag herausgeholt und in des Areal einer künstlichen Kulissenwelt hineingestellt. Ihre bewegungslose Standhaftigkeit ist ein szenisches Faktum, das malerisch in Frage gestellt wird. Was in so statuarischer Unerschütterlichkeit dasteht, verflüchtigt sich in der Bewegtheit des malerischen Farbauftrags.

Dieser Vorgang kann anhand der Frauenakte deutlicher beschrieben werden. Die pralle fleischliche Fülle, die bildnerisch zur Höchstform aufläuft, hat es trotz ihrer verdrängenden Mächtigkeit schwer, ihr Erscheinungsbild zu stabilisieren. Wir beobachten nämlich eine Auszehrung der Körperplastik aufgrund der formauflösenden, flüchtigen Malweise. Es muss angemerkt werden, dass dieser Auflösungsprozess nicht geradlinig zur Zersetzung des Figürlichen führt, sondern auch in die Gegenrichtung zurück zur volumenhaften Verdichtung der Form umschlagen kann.

Überdies ist der Duktus nicht eindeutig bestimmbar. Ein skripturales Gewebe feiner Kreidespuren überlagert sich mit einem breiten, opulenten Pinselstrich. In einigen Bildern, die völlig leere Räume zeigen, wird nicht nur die malerische Tragfähigkeit dieses Sujets erprobt, sondern zugleich die psychografische Eigenständigkeit des skripturalen Farbauftrags.

Das Porträtthema steht im Vordergrund, doch ist die Frage des „Who is Who“ innerhalb des Figurenkabinetts Musholts nicht leicht zu beantworten. Sie selbst erklärt die Identität ihrer Figuren zutreffend mit dem Begriff des „nobody“, der unbedeutenden Persönlichkeit, des Niemand. Aber so unspezifisch kommt niemand in ihren Bildern als Niemand davon. Stattdessen erscheint z.B. ein düsterer „nobody als Inquisitor“, und obwohl diese Figur nicht so betitelt wurde, mache man den Versuch, sie ausfindig zu machen; es wird ohne Zweifel gelingen.

 

Michael Rintelen
Universität-Gesamthochschule Siegen
April 1992